9 Varianten mit und ohne Stil auf dem britischen, akademischen Arbeitsmarkt zu scheitern

Seit ich im Juli 2018 durch eine Firmeninsolvenz meine Festanstellung verlor, wurschtel ich mich beruflich irgendwie so durch und halte mich durch Kleinstaufträge in Freiberuflichkeit zumindest mental über Wasser. Das ist selbstverständlich nicht mein erklärtes Ziel, zumindest solange mich die Freiberuflichkeit nicht auch noch finanziell komplett trägt. Daher bewerbe ich mich seit meinem Umzug nach Großbritannien im August 2018 auf eine Vielzahl von Stellen, die irgendwie mit meinen Qualifikationen und Kenntnissen und teilweise auch meinen Interessen übereinstimmen. Ich habe sicherlich über 25 solcher Bewerbungen geschrieben, sämtliche mit großen Erwartungen. In neun Fällen bin ich dann auch tatsächlich zu Vorstellungsgesprächen eingeladen worden. Doch neun Mal wurde mein Hoffen und Bangen bitterlich enttäuscht. Ich habe nun entschieden, vorerst mit den Bewerbungen ein Pause einzulegen, um mir selbst darüber klar zu werden, wo ich meine berufliche Zukunft sehe. Ist das Resignation? Vielleicht. Ist das Selbstschutz? Ganz sicher! Und das werde ich nun ein wenig erklären.

Eigentlich begann alles ganz zuversichtlich hier in England. Wir kamen im August 2018 an und trotz erwähnter Firmeninsolvenz hatte ich eine freiberufliche Auftragslage, die mich bis Ende des Jahres komplett ausfüllte und damit auch eine Menge an Selbstvertrauen. Die eigene Doktorarbeit war gerade als Buch erschienen und die Promotionsurkunde auf dem Weg zu mir. Nichts hätte mich also aufhalten können, im Gegenteil, der Jobmarkt wuchs enorm für mich, alleine durch die Option, sich nun auch auf Postdoc-Stellen bewerben zu können. So begann ich dann auch zeitnah damit, hier erste Bewerbungen zu schreiben. Und eine meiner ersten Bewerbungen war gleich insofern erfolgreich, dass ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. An einer Universität, die sich rühmt Mitglied im elitären Zirkel der Russel Group zu sein. Leider führt das auch immer zu einem großen Dünkel unter vielen ihrer Mitarbeiter*innen, die dann ein solches Jobinterview auch gerne mal zur Testung der Satisfaktionsfähigkeit des Bewerbers umfunktionieren wollen. So verlief mein erstes Interview in einer Mischung aus aufrichtigem Interesse an meiner Person (durch den eigentlichen späteren Vorgesetzten) und relativ offensichtlicher, elitärer Arroganz eines weiteren Panelmitglieds. Dennoch, ich hatte mich eigentlich ganz gut geschlagen und war einigermaßen hoffnungsvoll aus diesem Interview gegangen. Noch am selben Nachmittag sollte ich dann jedoch meine erste Absage – und zwar per Email – erhalten:

Dear Dr Mueller,

Thank you for attending for interview for the [Research Assistant] post this morning. 

I am sorry to inform you that your application was not successful.   Although you interviewed well, another candidate had greater relevant experience for this post.

I am sorry to give you this disappointing news, and wish you well for the future.

Kind regards

Signature

Bodenlos enttäuscht und trotzdem mit großem Detailinteresse habe ich mir danach noch oftmals diese Absage angesehen. Und natürlich dabei die zwei Leerzeichen im zweiten Absatz entdeckt. Hier hat der Stellenausschreiber offensichtlich einen personalisierten Teil eingefügt, der zumindest meinen Eindruck bestätigte, dass ich mich nicht allzu schlecht verkauft hatte. Mehr relevante Erfahrung für die Stelle, ja, das kann gut sein, wenn es um die Teil-Analyse des britischen Gesundheitssystems geht, ich war ja gerade einmal zwei Monate im Land und bis dato gerade mal erfolgreich beim Hausarzt und somit im nationalen Gesundheitsservice registriert. Also, Mund abwischen, weitermachen.

Als Traumtänzer ins nächste große Abenteuer

Die nächste Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhielt ich dann im März 2019 an einer kleinen Universität auf dem Land. Es ging um ein Forschungsprojekt, das qualitative Datenanalyse zur Untersuchung von Tanztherapien durchführen wollte. Qualitative Datenanalyse: kann ich, Tanztherapien: hatte ich von gehört. Also nutzte ich natürlich die Woche vor dem Interview intensiv, um mich in dieses Forschungsfeld einzuarbeiten, um im Interview dann später wenn schon nicht mit persönlicher Erfahrungen, dann doch aber mit informierten Fragen zum Themenfeld glänzen zu können. Das Interview selbst verlief wieder relativ gut, meine Fragen konnte ich unterbringen, ich fühlte mich, als hätte ich mich „ganz gut verkauft“. Noch am selben Abend erhielt ich dann einen Anruf von der Stellenausschreibenden. Ihr war anzumerken, dass es ihr schwerfiel, mir für die Stelle abzusagen. Sie betonte, dass ich wirklich einen guten Eindruck hinterlassen hätte und auch ganz klar über methodische Erfahrung der qualitativen Datenanalyse verfügte, die Stelle sei dann aber doch einer Person angeboten worden, die anschlussfähiger für das Feld der Tanztherapie gewesen sei. Ich solle diese Absage aber auf keinen Fall persönlich nehmen. Habe ich natürlich doch, aber natürlich musste es weitergehen und ich habe es prinzipiell sehr wertgeschätzt, dass diese Absage persönlich erfolgte und mir ein kleines Feedback gegeben wurde. So bleibt man motiviert.

Und bereits einen Monat später stand auch schon das nächste Vorstellungsgespräch an, an der Institut für Tropenmedizin. Hier hatte ich mich auf eine Stelle für eine Forschungsprojekt beworben, dass die Behandlung vernachlässigter Tropenkrankheiten, die oftmals zu lebenslangen Behinderungen führten, qualitativ untersuchen wollte. Ob eine Bewerbung Sinn mache, hatte ich zuvor extra mit der Stellenausschreibenden per Mail diskutiert und ich wurde ermutigt, mich mit meinem akademischen Hintergrund auf diese Stelle zu bewerben. Also verschwendete ich wieder eine Woche darauf, mir das Forschungsfeld vernachlässigter Tropenkrankheiten anzueignen. Da gibt es vielleicht Sachen, die möchte man eigentlich gar nicht sehen müssen. Im Interview traf ich dann auf ein Panel aus fünf(!) Mitarbeitern des Forschungsinstituts, die die Stellenausschreibende bei der Personalauswahl unterstützen sollten. Vor dem Interview sollte ich auch noch in einem 30-minütigen Assessment nachweisen, wie firm ich in der qualitativen Datenanalyse denn so sei. Was ich damals nicht wusste: Dieses Assessment verlangte die qualitative Analyse von einer Antwort auf einer Frage aus acht verschiedenen Interviews sowie einer zusammenfassenden Berichtsanalyse. In gerade einmal 30 Minuten. Zu Interviewmaterial, das man bis dahin noch nicht gesehen hatte. Eingeleitet wurde das Ganze mit dem Hinweis, das Panel hätte sich dieses Assessment in Qualität und Umfang angesehen und für angemessen betrachtet… Nachdem Interview hatte ich erstmals das Gefühl, nicht ganz so gut performt zu haben, eben weil ich auch immer noch das vorangegangene Assessment im Kopf hatte.

Ein paar Tage später erhielt ich schließlich folgende Antwort aus der Personalabteilung des Instituts:

Dear Arne

Further to your interview for the position of Research Assistant […], I regret to inform you that on this occasion you have been unsuccessful.

I know that this will be disappointing news for you, but please do not let this deter you from applying for future roles within […] and its subsidiary companies and please keep on checking our website regularly.

I thank you for attending the interview and wish you every success for the future .

Kind regards

Signature

Das war alles. Keinerlei Feedback und noch dazu aus dem sterilen Umfeld einer Personalabteilung. Nachdem ich zuvor schon persönlich mit der Stellenausschreibenden im Mailaustausch stand. Wie erbärmlich. Naja, ich dachte dann, ich frage zumindest mal nach. Weitere fünfzehn Tage später (!) kam tatsächlich eine Antwort:

Dear Arne

Apologies for the delay in responding to you, feedback from the panel indicated that you interviewed well and gave good answers, you had strong qualitative analysis experience but other candidates had stronger experience of working with partners in Africa and in NTDs.

I hope this help you going forward with other roles in the future.

Best wishes

Signature

Naja, mit dieser Antwort konnte ich zumindest etwas mehr anfangen. Nämlich beschließen, fortan keine Bewerbungen mehr dorthin zu schicken, denn eine Institut für Tropenmedizin wird wohl im Zweifel immer jemanden mit Erfahrungen im Bereich Tropenmedizin vorziehen, noch dazu empfand ich den Umgang nach dem Interview als zutiefst unprofessionell.

Und bereits wieder einen Monat später durfte ich an einer anderen Universität vorsprechen, diesmal zu einem Forschungsprojekt im Bereich Applied Health Research im Mental Health-Bereich, die insbesondere die Delphi-Methode zum Einsatz bringen wollte. Hier hatte ich zu allen Bereichen bereits Erfahrung sammeln können und somit bereitete ich auch mit großem Elan eine fünfminütige Präsentation über meine Fähigkeiten vor. Wieder verlief das Gespräch eigentlich ganz gut, dennoch einen Tag später erhielt ich einen Anruf vom Abteilungsleiter des Instituts, der auch Mitglied des dreiköpfigen Panels gewesen war, nicht aber der Stellenausschreibende. Wieder einmal wurde mir im Feedback versichert, dass ich ein gutes Vorstellungsgespräch gegeben hätte. Man hätte sich aber gegen mich entschieden, da ich noch keinerlei Erfahrung in der britischen Gesundheitsforschung erworben hätte. Er würde mir empfehlen, dass ich das doch erstmal täte, bevor ich mich auf weitere, ähnliche Stellen bewerben solle. 

Der akademische Catch 22

Und da war er nun also, der Catch 22, der so gerne von Personalentscheidern als Ausflucht gewählt wird. Bevorzugt werden nämlich anscheinend gerne solche Kandidat*innen, bei denen irgendwann mal jemand den Fehler gemacht haben muss, sie ohne Erfahrungen einfach so einzustellen. Betrachtet man sich noch einmal die vorigen Erklärungen zu meinen Absagen, so war ja auch hier bereits aufgrund fehlender Erfahrung (in einem jeweils spezifischen Bereich) entschieden worden. Aber ich solle das Ganze bitte nicht persönlich nehmen.

Bis zum nächsten Interview musste ich dann auch noch weitere sieben Monate warten. Aber diesmal fühlte ich mich auch wirklich sehr sicher und gut gewappnet für das Vorstellungsgespräch. Bei der vakanten Stelle ging es um die Durchführung einer qualitativen Studie zur Begleitung von Menschen mit Lernschwierigkeiten, die in selbstbestimmtes Wohnen aus einem Heimverbund umgezogen sind. Genau diese Art von Studie hatte ich ein Jahr zuvor im Rahmen meiner freiberuflichen Tätigkeit im australischen Kontext bereits bearbeitet. Meine diesbezüglichen Erfahrungen würden doch eine ungeahnte Bereicherung für das Projekt sein! Und das konnte ich im Interview dann auch sehr gut klar machen, ich spürte, ich hatte das Panel gewissermaßen an der Angel. Der Stellenausschreibende fing bereits im Interview an, Pläne mit mir zu schmieden, in welchen Unterkünften in meiner Nachbarschaft ich denn nach Gesprächspartner*innen suchen könnte. Doch als das Interview dann zu Ende ging, hätte ich bereits ahnen können, dass die Stelle offenbar bereits anderweitig vergeben war. Denn mir wurde gesagt, es würde noch ein paar Tage dauern bis eine Entscheidung getroffen werden könne, es seien nämlich noch nicht alle Referenzschreiben eingegangen. Das ist doof, wenn man von seinen Referenzen :bcc gesetzt wird, insbesondere dann wenn diese ihre Referenzen ans Panel schicken und man somit weiß, dass man offenbar nicht der Kandidat ist, auf dessen Referenz noch gewartet werden müsse. Dennoch schickte ich von Donnerstag bis Dienstag unzählige Stoßgebete in den Himmel, bis ich dann Gewissheit darüber erlangte, wieder den richtigen Riecher gehabt zu haben. Aber immerhin, ich wurde persönlich angerufen vom Stellenausschreibenden, er überschlug sich auch im Lob und in der Anerkennung meiner Erfahrungen und Fähigkeiten, ich sei definitiv „appointable“ also formal einstellbar, ABER: man habe sich für eine*n Kandidat*in entschieden, die/der bereits mehr Erfahrung im UK-Kontext in dieser Hinsicht gehabt hätte. Hätte, hätte, Fahrradkette. Da kann ich mir genau gar nichts für kaufen. Meine Enttäuschung, eine Stelle nicht bekommen zu haben, war auf jeden Fall noch nie größer gewesen.

Vier Monate später drehte sich das Rad weiter, ich erhielt eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch an einer weiteren Universität. Wieder einmal ging es um Mental Health aber im Bereich von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Ha! Treffer! Erster Teil des Projekts sollte ein sogenannter Realist Review sein, also eine besondere Art Literatur zu einem Thema zu sichten. Hatte ich so noch nicht gemacht, aber dafür in anderen Kontexten und überhaupt: wieder eine Stelle im Feld learning difficulties. Her damit. Und dann kam der Corona-Lockdown. Vorstellungsgespräche wurden auf ein neues Level gehoben. Am Computer. Über Zoom. Egal, kann auch nicht schwieriger sein, allerdings wird es mir nicht mehr so leicht fallen, meine Soft Skills im Gespräch einzusetzen. Normalerweise halte ich strengen Augenkontakt mit den Menschen, die mir Fragen stellen, wenn ich antworte. Dann kann man gegebenenfalls auf die Körpersprache und Mimik reagieren. Das ist in Zoom jedoch nur eingeschränkt möglich. Man kann schlicht nicht gleichzeitig in die Kamera und auf die einzelnen Fenster der Konferenzteilnehmer*innen blicken. Naja, das Interview war den Umständen entsprechen okay, die Absage kam jedoch mal wieder bloß per Mail:

Dear Arne,

Re: Interview for the position of Research Assistant Mental Health and Learning Disabilities within the School of […]

Thank you for your interest in this position and attending the online interview on Monday, 23rd March 2020. I am sorry to say that you have been unsuccessful on this occasion.

The panel were impressed with the extent of your skills and experience, especially with regards to research with people with physical and learning disabilities. We were particularly impressed by your publication record, your experience of conducting and reporting on qualitative research, and using Delphi methodologies.  However, we have selected a candidate with more experience in the conduct and reporting of systematic reviews, especially realist reviews.

Please let us know if you would like further feedback.

Best wishes and good luck in your future endeavours,

Vornamen

Scheiße.

Drei Monate später das nächste Interview. Diesmal nicht im universitären Kontext. Die Clinical Commissioning Group meiner Nachbarschaft hatte eine Manager-Stelle für den Bereich LeDer-Review ausgeschrieben. Also eine besondere Art des Reviews über vorzeitige Todesfälle von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Ich hatte in Australien zum Thema Palliativpflege solcher Menschen und Selbstmorde in dieser Population gearbeitet, ich fühlte mich also auch hier wieder gut geeignet und in einer ersten Kontaktaufnahme mit dem Stellenausschreibenden hatte mir selbiger auch bestätigt, dass meine Kenntnisse und Fähigkeiten gut passen würden, ich solle mich bewerben, er freue sich bereits auf das Vorstellungsgespräch. Im Interview selber wies ich dann jedoch Schwächen im Bereich des Safeguardings auf, schlichtweg, weil ich dieses im anglo-amerikanischen Sprachraum weit verbreitete Konzept unter diesem Namen noch nicht kannte. Gewissermaßen meine Schuld, dennoch wieder eine Enttäuschung, die mir auch genauso in einem Telefongespräch kommuniziert wurde. Mistekacke. Hätte ich gerne gemacht.

Dann kam die große Corona-Pause. Für den Rest des Jahres folgten keine weiteren Einladungen. Im Januar diesen Jahres hatte ich dann endlich mal wieder ein Casting, diesmal wieder am gleichen Institut, dort wo zwei Jahre vorher alles begonnen hatte. Das Gespräch war wieder per Zoom zu führen, zu Beginn erwartete man eine fünfminütige Präsentation über meine Fähigkeiten und meinem Bezug zu Forschungen, die auf einen Laienforschungsansatz setzen. So etwas ähnliches hatte ich in Australien bereits einmal gemacht. Mit der Fragestellung für die Präsentation konnte ich also etwas anfangen, sogar so viel, dass ich den Vortrag noch ein paar Mal kürzen musste, bis er zeitlich passte. Ich versuchte genau herauszuarbeiten, dass ich meine Fähigkeiten für sehr transferfähig halte und dass es somit keinen großen Unterschied macht, ob ich genau so etwas schon einmal genauso gemacht hätte. Wieder verlief das Gespräch in meinen Augen gut, am Ende war sogar noch etwas Zeit für ein Schwätzchen über Fußballvereinslieben. Die Zeichen sahen für mich gut aus, aber – und das habe ich in der Zwischenzeit gelernt – das muss ja mal gar nichts heißen. Es hat dann etwas gedauert, bis ich eine Antwort erhielt, genauer gesagt, eine ganze Woche. Die Antwort sah dann so aus:

Dear Arne,

I am sorry for the delay in getting back to you about the post,

We have decided to appoint another candidate and were waiting to hear if they had accepted the post.

We needed someone with more experience of doing public involvement in a UK context, and the appointed candidate had greater experience in this area.

However, we were very impressed with your interview and if we have any opportunities coming up I will pass them in your direction, presumably you would be happy to work on projects part-time etc?

It was nice to meet you and sorry for the disappointing news,

Kind regards, 

Vorname

Da war er wieder, der Hammer mit der fehlenden Erfahrung im UK-Kontext. Prima. Immerhin antwortete ich diesmal, dass die Absage definitiv eine der besseren gewesen sei und dass ich natürlich an jeglicher Art von Teilzeitarbeit interessiert sei, wenn sich die Möglichkeit dafür ergeben würde. Ich bin mir allerdings mittlerweile sehr sicher, dass nur eine weitere Nuance inhaltsloser Kommunikation zur Beschwichtigung darstellte.

März 2021. Neue Stellenausschreibung, gleiches Institut, andere Abteilung. Zwei Monate später. Die kann ich jetzt, dachte ich. Nur die Fragestellung für den Fünfminüter war natürlich eine andere. Und die fand ich gar nicht mal so einfach. Es ging um Herausforderungen internationaler Mixed-Methods Forschungsprojekte. Dennoch gelang es mir irgendwie etwas in die Folien zu bekommen, von dem ich einigermaßen überzeugt war. Leider hat mir dann aber im Gespräch selber meine Gesundheit einen Strich durch die Rechnung gemacht, als mitten im Vortrag das Adrenalin nachließ und stattdessen die Matschigkeit eines Migräneanfalls vom Vortag Einzug erhielt. So habe ich wahrscheinlich (denn ich erinnere nicht mehr allzu viel) eine große Menge Blödsinn geredet. Und wieder einmal habe ich bereits im Gespräch gemerkt, dass ich die Stelle nicht bekommen würde. Ich hatte am Ende keine weiteren Fragen und habe mich für meine Migräne entschuldigt. Die Stellenausschreibende wollte bereits das Gespräch beenden, als ein weiteres Panelmitglied noch schnell fragte, ab wann ich denn eigentlich zur Verfügung stehen würde. Natürlich sofort, aber die Stelle würde ich ja eh nicht bekommen (was ich so natürlich nicht gesagt habe). Wie auch immer, die Tatsache, dass es der Stellenausschreibenden offenbar völlig egal war, ob ich diese Frage beantworten könne, spricht eine deutliche Sprache. Die Absage per Mail kam dann noch am gleichen Abend:

Dear Arne

Thank you very much for attending the job interview today for the post of postdoctoral research associate. Unfortunately, we are unable to offer you the job on this occasion.

With best wishes

Vorname

Tja, was soll man da noch sagen. Ist dann nun deutsche Effizienz der wenigen Worte (die Stellenausschreibende war selber Deutsche) oder einfach nur emotionale Inkompetenz? Das war auf jeden Fall die schlimmste Absage, die ich je per Mail erhalten habe und die mich nun innehalten lässt. Schluss, Aus, Ende, ich brauche eine Pause. Aber nicht ohne das Ganze für mich zu sortieren und abzuschließen. Daher dieser Blogpost. Ich überlege gerade, ob ich einfach eine Art Skala für die Qualität und die gewählte Methode einführen sollte, mit der schlechte Nachrichten kommuniziert werden. Dann bekommt das alles etwas mehr „Gamification“ und ich kann vielleicht mehr drüber lachen. Wenn es nicht alles so bitter wäre…

Ein Kommentar zu “9 Varianten mit und ohne Stil auf dem britischen, akademischen Arbeitsmarkt zu scheitern

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